Langerringer Dampfnudelkegler

Oberhalb von Langerringen, das seinen Namen wegen seiner Länge nicht umsonst führt, hat in früherer Zeit eine stolze Burg gestanden. Viele sagen, schon die alten Römer hätten dort einen festen Sitz gehabt. Als man sie später aus Deutschland hinausgehauen hat, da haben sich die Vornehmen des Landes der verlassenen Ritterburg bemächtigt.

So ist auch einmal so ein vornehmes Geschlecht auf der alten Römerburg droben mit der Zeit sesshaft geworden. Es hat anfänglich für die Gemeinde und die Umgegend viel Gutes gestiftet. Später wurde es aber anders. Da sind die Leute auf der Burg arg übermütig geworden.

Geld haben sie genug gehabt, und arbeiten haben sie rein gar nicht müssen, weil die Bauern drunten an der Singold auf und nieder allen Frondienst für die Burgherrschaft verrichtet haben.
Es hätte nur grad noch gefehlt, dass man ihnen hätte die Mucken und die Flöh im Bett weggefangen. Anderswo ist es soweit und gar noch weiter gekommen.
Von allem, was der Boden und die Landwirtschaft geliefert haben, hat man den Zehnten auf die Burg hinaufschleppen müssen. Schließlich sind die droben gar noch zum kochen zu faul geworden. Deshalb haben die Bauern das Essen hinauftragen müssen: am Sonntag einen Braten und am Freitag allemal Dampfnudeln. Soviel Christentum haben sie doch noch im Leibe gehabt, dass sie wenigstens das Fastengebot nicht brachen.

Später sind sie aber droben so weit gekommen, dass sie sich auch darum nicht mehr gekümmert und mit den guten Fastenspeisen ihr Schindluder und ihren Spott getrieben haben.
Da ist einmal einem droben eingefallen, weil sie halt schon gar nimmer gewusst haben, was sie tun sollen vor lauter Übermut, dass sie das Kegelschieben mit den Dampfnudeln anfangen könnten. Wahrscheinlich waren sie ihnen nicht fein und leicht genug; aber so etwas hätten sie halt nicht tun sollen. Einmal ist das Essen allemal Gottesgab, wenn es auch der gröbste Bauer spendet, und dann hätten die Herrschaften doch bedenken sollen, dass es aus des Bauern Mühe und Arbeit und Schweiße ist. Aber an so was denkt so ein überrmütiger Vornehmer nie.

Wie bekanntlich die Vergeltung nie aus bleibt, so ist auch für die Herren droben auf dem Schloss einmal der Tag angebrochen, an dem der Himmel mit ihnen abgerechnet hat.

Da haben sie einmal gerade recht wüst umgetrieben. Es war ein Freitag. Gesottenes und Gebratenes haben sie gegessen, was nur in sie hineingegangen ist, und getrunken haben sie dazu, dass es eine Schande war. Wie sie gerade im Ärgsten drin waren, da sind die Bauern mit ihren Dampfnudeln heraufgekommen. Auf Schüsseln haben sie die guten Nudeln dahergebracht, wie gewöhnlich. Weil’s aber gerade neun Bauern gewesen sind, da ist der übermütigen Gesellschaft das Kegeln eingefallen! Wie’s der Brauch ist, haben sich die Bauern aufstellen müssen, der Längste machte den „König“ und dann ist’s losgegangen.

Mit den guten Dampfnudeln haben sie geschoben und, wie auf einmal einer schrie „Alle Neune“, da hat es einen mächtigen Juhschrei im Saal getan, das allen miteinander ganz anders geworden ist.
Unter Donnerrollen und Sturmgeheul ist die Burg mit ihren gottlosen Bewohnern in die Tiefe versunken und gar alles ist zugrunde gegangen. Einzig und allein den neun Bauern, dem „Kegelspiel“, hat es nichts getan.

Von der Burg sieht man heute nur noch etliche niedrige Wälle und einen Burggraben. Der große Hof, der später an Stelle der Burg erbaut worden ist, heißt noch heutigen Tags der „Burghof“.

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