Der Schlossschatz von Kleinaitingen

Vor altersgrauer Zeit stand bei Kleinaitingen ein Schloss, von dem längst nichts mehr übrig ist. Lange Zeit war noch ein unterirdischer Gang vorhanden, der zu einem Kellergewölbe führte. Hier saß auf einer Truhe voll Gold ein Fräulein.

Vor ihr stand ein Tischlein mit einem brennenden Lichte. Wohl wagte sich mancher, den es nach dem Golde gelüstete, in den Gang. Aber niemand konnte den Schatz heben; denn sobald man sich der Truhe näherte, löschte das Lichtlein aus. Man mochte es anfangen wie man wollte.

Einst war eine Magd in  der Nähe auf dem Acker mit Mistbreiten beschäftigt. Sie war mit ihre Arbeit nahezu fertig und hatte nur noch drei Haufen vor sich. Da kam das Fräulein in weißem Gewande zu ihr und sagte: „Du kannst mich erlösen, wenn Du Dich nicht fürchtest. In einem dieser drei Haufen ist eine Schlange versteckt, welche auf Dich losfahren wird. Du darfst aber weder erschrecken, noch ein Wort reden. Die Schlange wird Dir nichts zuleide tun. Wenn Du diese Probe bestehst, ist der Schatz in Deiner Hand. Ein Drittel davon gehört den Armen, ein Drittel der Kirche, der Rest ist Dein Lohn.“
Die Magd arbeitete weiter und aus dem letzten Haufen schoss wirklich eine Schlange heraus und fuhr zischend an der Maid empor.
Das erste Mal überwand sie die Furcht und blieb standhaft. Als aber die Schlange immer zudringlicher war, schrie sie entsetzt: „Jesus, Maria und Josef!“. Wie mit einem Schlage war das Fräulein, das auf der Straße wartend stehen geblieben war, unter Jammergeschrei verschwunden. Noch drei Tage lang hörte die Magd in den Lüften oben weinen.

Der Schatz ist heute noch nicht gehoben.

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